Disillusion

Line-Up:
Andy Schmidt – Vox, Guit.
Sebastian Hupfer – Guit.
Ben Haug – Bass
Jens Maluschka – Drums

Discography:
Alea (Single, Kick The Flame, 2016)
Gloria (LP, Metalblade, 2006)
Back To Times Of Splendor (LP, Metalblade, 2004)
The Porter (EP, Voice Of Live, 2002)
Three Neuron Kings (EP, self, 2001)


Disillusion haben mit ihrem 2004er Meisterwerk Back to Times of Splendor die Messlatte für Melodic Death in kaum erreichbare Höhen gehängt um dann mit ihrem 2006er Folgealbum Gloria das Genre komplett neu zu definieren. Seither ist Leipzig auf der internationalen Landkarte des extremen Metals nicht mehr wegzudenken, trotz oder vielleicht auch wegen der langen Schaffenspause, mit der die Band ihre Fans knapp zehn Jahre quälte. Dann kam im Oktober 2016 das Comeback in Form der Single-VÖ „Alea“, die weit mehr als nur Lebenszeichen war. Das nächste Full-Length-Album aus dem Hause Disillusion kündigt sich an und auch live zeigt sich die Band um Mastermind Andy Schmidt in Bestform.

Eine Entwicklung, die sich bereits 2015 ankündigte, als Disillusion überraschend einige Shows auf europäischen Bühnen spielten, die allerdings noch ganz im Zeichen des Vinyl-Rereleases von Back To Times Of Splendor standen. Im Dezember 2015 dann die Sensation: Neues Material auf der Setlist! Eine ausverkaufte Halle – eben noch die Haare wirbelnd und aus voller Kehle mitsingend – hält andächtig inne und lauscht „Alea“, dem ersten Meilenstein auf dem Weg zum neuen Album. Die Fans ahnten, es ist wieder ein Aufbruch ins Unerschlossene. Doch sie wissen auch: Disillusion streift nicht rastlos, sondern vereinnahmt die einmal betretenen Klanglandschaften. So krass die Unterschiede zwischen dem episch-prachtvollen BTTOS und dem hypermodernen Gloria auch sein mögen – Disillusion hat es gerade live stets geschafft, die verschiedenen Welten scheinbar zwanglos zu einem konsistenten Kosmos zu fügen, in dem auch noch Platz für das düster-technische Frühwerk „The Porter“ und sogar die Melodic-Death-Gewitter der ersten EP „Three Neuron Kings“ ist. Und nun also auch neues Material, das sich so anfühlt, als könnte es auf jeder der Platten zuhause sein. Disillusion versteht es, den Fan bei seinem jeweiligen Lieblingsalbum abzuholen und in ein neues Abenteuer zu führen. Mit fast schon hypnotischer Gelassenheit zaubert die Band mit „Alea“ nichts weniger als eine elfminütige Hymne in ihr Set, den perfekten Soundtrack zum euphorischen Strahlen der in Vorfreude verzückten Fans.

Doch wohin die Reise letztlich führen wird, bleibt auch für Bandleader Schmidt noch im Dunkel: „Alea war ein erster Test. Ein Anbohren der kreativen Quelle, um zu sehen, ob sie noch sprudelt. Der Versuch war erfolgreich. Aber die Platte wird erst noch geschrieben, wie bei den Vorgängeralben in kompromissloser Zurückgezogenheit vom Alltag.“

Eins darf allerdings bereits als sicher gelten, ist es doch von Konzert zu Konzert erlebbar: Egal ob die Grenzen des Genres verschoben werden oder die Band sich gezielt in eine konkrete Stilistik vertieft, man erlebt ihre Musik in jedem Fall als typisch Disillusion. Denn diese Musik hat sich trotz der Stromgitarren und Metalzutaten über alle Genres erhoben und funktioniert nur noch in Kategorien des Empfindens. Und so verwundert es nicht, dass Disillusion-Platten sich wie cineastische Konzeptalben anfühlen und Disillusion-Konzerte ebenfalls. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren, gefüttert von Musik, die nicht Pläne abarbeitet, sondern Gemütszustände spiegelt.

 

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